Seminararbeit

am

Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie

Technische Universität Graz

Elektronisches Geld und Chipkarten-Technologie

Leitung: o.Univ.Prof. Dipl.Ing. Dr. Reinhard Posch

Betreuer: Dipl.Ing. Dr. Karl-Christian Posch

Durchführung: Georg Mittenecker

(874 - 8631066)

INHALT

Kurzfassung

Einleitung

Theoretische Grundlagen für Elektronisches Geld

Einführung in die Chipkarten-Technologie

Das Österreichische System

Andere europäische Systeme

Anhang A: Elektronische Geldbörse: Europäische Projekte

Anhang B: Anfrage-Brief

Anhang C: Informationsmaterial - Österreichische ec-Karten

Für Verschwender

ist das Geld rund,

für Sparsame flach.

Honoré de Balzac

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit ordnet den Begriff "Elektronisches Geld" in ein Umfeld von verschiedenen Zahlungsmitteln ein. Der Schwerpunkt wird dann auf die Chipkarten-Technologie im Zahlungsverkehr gelegt, wobei zu Beginn technische Begriffe eingeführt und existierende Systeme und neue Entwicklungen berücksichtigt werden. Als konkretes Anwendungsbeispiel dient das aktuelle österreichische System, das detaillierter beschrieben wird. Die Problematik der öffentlich zugänglichen Information im Zusammenhang mit sicherheitsrelevanten Fragen bei einer Angelegenheit von einiger wirtschaftlicher Bedeutung wird angesprochen. Am Ende steht ein kurzer Blick auf die laufenden Entwicklungen von elektronischen Geldbörsen in anderen europäischen Ländern.

Einleitung

Nach Meinung verschiedener Autoren [Levy][Arbeitskreis 4][Konsument] wird elektronisches Geld in seinen verschiedenen Ausprägungsformen eine der wichtigsten neuen Anwendungen in der Computertechnologie der nächsten Jahre sein. Diese Entwicklung wird durch die zunehmende Bedeutung globaler Netzwerke in der Gesellschaft einerseits und durch die Entwicklung preisgünstiger und technisch hochstehender Chipkarten andererseits ausgelöst und begünstigt. Die dabei entstandenen Formen von elektronischem Geld sind entweder Zahlungsmittel im Computernetz (Internet: "cyber money", "e-cash", [Hawel]) oder die im "normalen Leben" verwendbaren "Chipkarten". Diese Seminararbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit der Chipkarten-Technologie. Bei der Einführung und Akzeptanz neuer Zahlungsmittel sind nicht nur technische, sondern vor allem auch wirtschaftliche, gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte von großer Bedeutung.

Theoretische Grundlagen für Elektronisches Geld

Die Stellung des Geldes im Wirtschaftsablauf und damit seine Geltung wird nicht aus der stofflichen Qualität oder der gesetzlichen Institutionalisierung - wie in den älteren Theorien des Metallismus oder des Nominalismus - erklärt, sondern aus den Funktionen, die es im Wirtschaftsprozeß erfüllt [Brockhaus]. Geld tritt in zwei prinzipiellen Formen auf: Bargeld in Form von Banknoten und Münzen einerseits, Buch- oder Giralgeld andererseits. Die Chipkartentechnologie kann beide Arten von Geldtransaktionen unterstützen. Bisher haben bargeldlose Systeme (Kreditkarten, Bankomat- und Scheckkarten) weitere Verbreitung gefunden, es findet jedoch gerade ein Prozeß statt, durch den vermehrt auch der Bargeldverkehr mit sogenannten "elektronischen Börsen" abgedeckt werden soll (siehe auch Kapitel "Andere europäische Systeme").

Motivation

Bargeld in Form von Münzen und Geldscheinen ist nicht nur für den Kunden umständlich in der Handhabung und mit Sicherheitsrisiken (Verlust, Diebstahl) verbunden, vor allem Handel und Banken müssen beträchtliche Aufwendungen leisten, um

Durch die Verwendung von Geld in Form von Chipkarten können - wie die folgenden Abschnitte zeigen sollen - erhebliche Verbesserungen bei diesen Punkten erreicht werden, die vor allem den Geldinstituten und dem Handel Gewinn versprechen. Vorallem daraus resultiert eine verstärkte Initiative zur Einführung derartiger Zahlungsmittel.

Für die bisher hauptsächlich rein passiven Kreditkarten und Bankomatkarten wird durch die Einführung von aktiven Chipkarten eine Verbesserung der Situation erreicht, was die Fälschungssicherheit wie auch den Mißbrauch bei Verlust oder Diebstahl betrifft. Zusätzlich wird die Palette der möglichen Anwendungen größer.

Die elektronische Kartenzahlung ist nach Expertenmeinung auf dem Weg, sich weiter auszubreiten. Dadurch wird sich der langfristige Trend zur "Less Cash Society" oder gar "Cashless Society" fortsetzen [ÖBA].

Realisierungsmöglichkeiten für Elektronisches Geld

Geld ist also prinzipiell unterschiedlichen Angriffen ausgesetzt und muß daher mit tauglichen Mitteln vor Fälschung, Diebstahl und Verlust geschützt werden. Eine wesentliche Voraussetzung für die praktische Umsetzung von elektronischem Geld war damit die um 1976 von Whitfield Diffie mit Martin Hellmann und gleichzeitig unabhängig von Ralph Merkle gemachte Erfindung des Konzepts der Verschlüsselung mit öffentlichem Schlüssel (asymmetrische Verschlüsselung, public-key cryptography).

Das Prinzip dabei ist, daß der Schlüssel für die Verschlüsselung und der Schlüssel für das Entschlüsseln nicht identisch sind und einer der beiden auch nicht aus dem anderen gewonnen werden kann. Dadurch können nicht nur Daten, sondern auch Schlüssel mit vertretbarem Aufwand über unsichere Kanäle (etwa ein Netzwerk) verteilt werden. In den letzten Jahren hat der RSA-Algorithmus (benannt nach Ron Rivest, Adi Shamir und Leonard Adleman, 1978) weite Verbreitung gefunden. Mit ihm ist sowohl die Verschlüsselung von Daten als auch die Generierung von elektronischen Unterschriften möglich. Ein Nachteil aller bekannten Algorithmen mit öffentlichen Schlüsseln ist der relativ große Rechenaufwand, RSA ist etwa um den Faktor 1000 langsamer als der symmetrische DES (Data Encryption Standard) Algorithmus. Diese Tatsache ist allerdings für die relativ geringen Datenmengen bei der Speicherung und Übertragung von elektronischem Geld keine starke Einschränkung. Diese kryptographischen Verfahren eignen sich prinzipiell sowohl für elektronisches Geld in Netzwerken als auch für Chipkartensysteme. Der RSA Algorithmus wurde schon mehrfach in Chipkarten implementiert.

Zusätzlich zu diesen grundlegenden Verfahren bedarf es noch bestimmter Protokolle im Ablauf der Transaktionen zwischen Banken, Kunden und Händlern, um die sichere Verwendung von elektronischem Geld zu ermöglichen. Viele unterschiedliche Arten von Protokollen zur Durchführung von Geldtransaktionen sind in [Schneier] zu finden, die konkrete Implementierung bei existierenden Systemen wird jedoch meist von den durchführenden Organisationen (Firmen) geheim gehalten oder nur in sehr groben Zügen bekanntgegeben. Öffentlich zugängliche Informationen zum hier genauer besprochenen "Österreichischen System" sind im entsprechenden Abschnitt beschrieben.

Einführung in die Chipkarten-Technologie

Hardware

Chipkarten

Die Hardware der gebräuchlichen Chipkarten ist meistens in der Form einer Scheckkarte ausgeführt, auf der sich ein hochintegrierter, programmierbarer Mikroprozessor mit Speicher befindet. Das ist auch der Grund für die Bezeichnung "smartcard" im Englischen, die Möglichkeiten des programmierbaren Prozessors machen die Karte "smart", also quasi "intelligent". Für den Benutzer sichtbar sind gewöhnlich die metallischen Kontaktflächen auf der Oberfläche der Kunststoffkarte, es existieren allerdings auch kontaktlose Systeme [Siemens 1].

Der Speicher teilt sich meist in einen ROM-Bereich für das Betriebssystem bzw. die permanenten Kartensoftware-Teile und einen EEPROM-Bereich, der zur Speicherung von verschiedenen variablen Werten - wie geladene Geldsumme, Schlüssel, Protokoll von Transaktionen oder Gültigkeitszeitraum - dient.

Die auf dem Chip gespeicherten Daten sind bei modernen Chipkarten vor dem Auslesen geschützt, somit ist das unbefugte Kopieren der Daten erschwert oder praktisch unmöglich. Der Prozessor ermöglicht die aktive Durchführung von verschiedenen kryptographischen Verfahren und Beteiligung an Protokollen beim Datenaustausch mit Lesegeräten.

Terminals

Als Chipkarten-Terminals kommen verschiedene Typen zum Einsatz:

Dieses Terminal-Typen können unterschiedlichste Bauformen (vom Bankomat mit großem Tresor für große bereitgehaltene Bargeldbeträge bis zum Mini-Terminal in Automaten oder Taxi) aufweisen, einige Merkmale sind jedoch bei fast allen Typen vorhanden:

Die meisten Chipkartenterminals besitzen auch noch Kommunikations-Anschlüsse etwa für Drucker, Handelskasse oder Anbindung an ein Hostrechnersystem:

Verbindung zu Hostrechnern

Um die Verbindung bei Online-Terminals zum Hostrechnersystemen herzustellen, wird bei jeder einzelnen Transaktion eine Verbindung etwa über Datex-P oder ISDN hergestellt, wie es auch bei allen heute im Betrieb befindlichen österreichischen Bankomaten der Fall ist. Bei den kombinierten Terminals wird für Zahlungen bis zu einem bestimmten Betrag keine online-Überprüfung der Transaktion durchgeführt, erst bei größeren Beträgen muß eine Verbindung aufgebaut werden. Offline-Terminals übertragen die Daten entweder in bestimmten Zeitabständen (etwa einmal täglich) automatisch, falls kein entsprechender Leitungsanschluß vorhanden ist, können auch bestimmte Einreichkarten vom Terminalbesitzer in ein Geldinstitut gebracht werden (siehe auch Abschnitt "Unterschiedliche Chipkarten-Funktionen und Kartenarten").

Realisierbare Funktionen

Diese Funktion ist vergleichbar mit Bargeld ("electronic cash"). Es handelt sich um ein völlig anonymes Zahlungsmittel, dabei kann in Banken oder an öffentlichen Automaten Geld auf die Karte geladen werden ("Pay Before Product") und bei entsprechend ausgerüsteten Händlern, im Taxi, an Telefonen, bei Kopiergeräten und beliebigen anderen Automaten ohne Eingabe eines persönlichen Codes (PIN) bezahlt werden. Diese Art des elektronischen Geldes wird meist zur Bezahlung von relativ geringen Beträgen verwendet.

Jeder Karte ist ein Girokonto zugeordnet, die Umsätze werden in der Regel am selben Tag dem Girokonto angelastet ("Pay Now Product"). Eine genauere Beschreibung der einzelnen Möglichkeiten bei dieser Grundfunktion ist im Abschnitt "Österreichisches System" zu finden! Österreichische Debitkarten sind die etwa 2,5 Mio. eurocheque-Karten und 1,1 Mio. Bankkundenkarten.

Dabei ist die Nutzung unabhängig vom Girokonto, die Umsätze werden gesammelt und meist monatlich im nachhinein abgerechnet ("Pay Later Product"). Dabei wird der zu zahlende Betrag vom Girokonto abgebucht oder zur Gänze oder in Form einer Ratenzahlung eingezahlt. In Österreich sind derzeit etwa 1 Mio. Kreditkarten in Verwendung.

Dazu zählen etwa Clubkarten oder Einkaufskarten für bestimmte Handelsketten.

Einiger dieser Karten berühren das Thema elektronisches Geld eher nur am Rand, da sie in der Regel nicht direkt als Zahlungsmittel dienen.

Das Österreichische System

Die Firma Europay Austria Zahlungsverkehrssysteme Ges.m.b.H. (EPA), eine Tochtergesellschaft aller österreichischen Geldinstitute, und die Austria Card GmbH, eine Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Nationalbank, sind gemeinsam an der Entwicklung der in Österreich ab Ende 1994 als Feldversuch getesteten und Ende 1995 an rund 2,5 Millionen Bankkunden ausgegebenen eurocheque-Karten mit eingeschweißtem Chip beteiligt. Drei wesentliche Ziele wurden angestrebt [EPA/APSS]:

Höhere Sicherheit für bestehende ATM ("Automatic Teller Machine", Bankomat) und POS Leistungen durch Chiptechnologie: Karte und Host (Online CAM = Card Authentication Method) bzw. Karte und Terminal (Offline CAM) sind in der Lage, sich gegenseitig als Original auszuweisen (Authentication). Weiters bestand bis jetzt nur die Möglichkeit der Offline-Autorisierung durch ATM´s. Die neue Technologie ermöglicht die Überprüfung der Autorisierungsparameter und des PIN durch die Karte selbst. Durch diese verbesserten Sicherheitsmerkmale können zusätzlich reine Offline-POS-Terminals (nur für Chipkarten) und hybride (Offline/Online) Terminals Verwendung finden.

Elektronische Geldbörse ("Quick"): Der Karteninhaber kann in seine Börse Geld "elektronisch" laden und damit kleine Umsätze tätigen. Die Verwendung der Börse ist anonym und nicht notwendigerweise an eine Bankverbindung gebunden. Bei Zahlung mittels Börse ist keine PIN-Eingabe erforderlich. Der Verlust der Karte ist gleichzusetzen mit dem Verlust des geladenen Geldes. Die Börse ist, im Gegensatz zu POS, konzipiert, um Münzen und kleine Banknoten zu ersetzen. Das Anwendungsspektrum reicht daher von Trafiken, Bäckereien und Taxis bis hin zu jeder Art von Automaten.

Drittanwendungen: die Chiptechnologie ermöglicht die Integration von zusätzlichen Funktionen, die nicht von EPA/APSS unterstützt werden, auf der gleichen Karte.

Beschreibung der Komponenten

Hardware

Chipkarte

Diese Karte ist mit dem von der Firma Siemens hergestellten Chip mit der Bezeichnung SLE 44C42 ausgestattet. Es handelt sich dabei um einen 8051 Microcontroller mit der notwendigen Zusatzelektronik: er besitzt 16 Kilobyte ROM, 4 Kilobyte EEPROM und 256 Byte RAM, genug für das eigens entwickelte Betriebssystem, Anwendungssoftware, Protokolldateien, Gültigkeitsdauer, Limits und sonstige bankspezifische Informationen (siehe auch nächster Abschnitt!). Die Kommunikation zu den Chipkartenterminals erfolgt über nach außen geführte Kontakte mit Kontaktlage nach ISO 7816-2.

Chipkarten-Terminals

Es sind bereits verschiedene Terminaltypen in Betrieb. Die von Siemens entwickelte CT 23x Serie besteht etwa aus dem CT 230 "Quick" und CT232 "Quick-Split" für die Abwicklung der "Quick"-Zahlung, CT 231 "Quick & POS" für "Quick"-Zahlung und POS-"Kassa"-Funktion mit PIN-Eingabe und CT 233 "Bank", das im Banken- und Sparkassenumfeld eingesetzt werden soll. Sämtliche Terminals von Siemens sind mit 128 kB BootPROM, mindestens 128 kB RAM, mindestens 640 kB FlashEPROM, einer CPU Intel 80C188EB, hintergrundbeleuchteten LCD-Displays, Tastaturen und unterschiedlichen Datenübertragungs-Schnittstellen ausgestattet [Siemens 2]. Eine seit Mitte 1994 auf dem Markt befindliche Entwicklung der Europay Austria ist die integrierte Bankomat-Kasse als verschiebbare Einheit, die zusätzlich auch Kreditkartenzahlung ermöglicht: bei Zahlung mit Debitkarte zum Karteninhaber, bei Zahlung mit Kreditkarte zum Kassier gerichtet. Bei diesem Gerät ist unter anderem ein Motorola MC 68340 Mikroprozessor mit 1,25 MB FLASH-PROM Speicher für Programmcode, 512 kB CMOS-Battery-Backuped (=SRAM) Arbeitsspeicher, 3 asynchrone Kommunikations-Anschlüsse für Drucker, Handelskasse sowie X.28, X.25 oder ISDN-Netzwerk, Hybrid-Kartenleser (für Magnet- und Chipkarten) und ein eigenes Security-Modul integriert [ÖBA].

Chipkarten-Funktionen und Kartenarten

Euroscheckkarte: Bankomat, POS und QUICK. Diese Kundenkarte ist an ein Bankkonto gebunden. Die Verbindung der Börse zum Konto existiert nur auf der Hostseite. Dabei kann mit Karte und Geheimcode Bargeld an den Geldausgabe-Automaten (Bankomaten) behoben werden und an Bankomatkassen bezahlt (POS) werden, dabei fungiert die Karte als Debit-Karte. Zusätzlich kann auch die im folgenden beschriebene Quick-Funktion durchgeführt werden.

Wertkarte: Nur Quick. Diese Kundenkarte ist anonym ohne Verbindung zu einem Konto und wird entweder gegen Bargeld in einer Bank oder am Bankomat mittels einer anderen Karte (Bsp.: Euroscheckkarte, Kreditkarte) geladen.

Für die Durchführung des Systems wurden 8 unterschiedliche Chipkartentypen in Einsatz genommen:

Alle Kartentypen enthalten das gleiche Basisbetriebssystem, einzelne Typen können noch Softwareerweiterungen enthalten.

Die Kundenkarte kann eine eurocheque-Karte mit Chip oder eine Bankkundenkarte/Servicekarte mit Chip sein. Sie enthält alle oben erwähnten Anwendungen. Als Zusatzfunktionen wurden im Feldversuch Eisenstadt beispielsweise Taxizuschußberechtigung, Saisonkarte im Schwimmbad und Eislaufplatz, Anspruch auf ermäßigten Eintritt und Reservierungen getestet.

Die Wertkarte ist eine anonyme Chipkarte mit der Funktion einer elektronischen Geldbörse. Sie ist technisch mit einer Kundenkarte vergleichbar, besitzt jedoch keine äußere Personalisierung (Name, Kontonummer etc.) und keine Schlüssel für die POS-Funktion, keine Bankleitzahl und Kontonummer. Da keine PIN-Eingabe für die Geldbörsenfunktion notwendig ist, ist eine Standard-PIN auf der Karte vorgegeben, die vom Kunden auf eine eigene PIN geändert werden kann, um die Geldbörse vom Kunden selbständig jederzeit sperren und wieder entsperren lassen zu können (Schutz vor Fremdnutzung).

Die Wertkartenladekarte dient zentralen Ladestellen (etwa Geldinstituten oder Hotels) zum Aufladen aller Karten mit der Funktion einer elektronischen Geldbörse.

Terminalkarten werden in allen Terminals als "Sicherheitsbox" und Träger aller wichtigen Terminalparameter eingesetzt; sie stellen folgende Daten zur Verfügung: Hauptschlüssel=Masterkey; Terminalnummer und -kurzbezeichung; Gültigkeitszeitraum, Währungskennzeichen; Transaktionsnummer für Electronic cash, Geldbörse, Einreichungen; Gesamtsummen / Lebensmittelhandel-POS, Geldbörse; Hotlist-Daten mit Datum und Länge; erlaubte Zahlungsarten: nur Geldbörse, nur Electronic-cash, Mischbetrieb mit Umschalthöhe; Terminalkarten-PIN. Alle Typen von Terminalkarten können über die Kundenkarten-Hotlist gesperrt werden. Jedes Terminal kann daher über die Hotlist zum "Selbstmord" getrieben werden, die Entsperrung erfolgt wie bei Kundenkarten bei der Bank.

EPA-Terminalkarten befinden sich in den bei Europay Austria aufgestellten zentralen Systemen und enthalten alle Hauptschlüssel, die eine Terminalkarte besitzen kann. Mit diesen Karten können neben der Geldbörsenaufladung auch Parameterveränderungen von Kundenkarten, Wertkarten und Wertkartenladekarten durchgeführt werden.

Bank-Terminalkarten enthalten die für das Bankgeschäft notwendigen Hauptschlüssel und sind daher nur in den Terminals der Geldinstitute im Einsatz. Die Funktionen dieser Karten sind die Prüfung von Kundenkarten, Wertkarten und Wertkartenladekarten; Veränderungen von Kundenlimiten; Entsperrung von Kundenkarten, Wertkartenladekarten und Terminalkarten nach falscher PIN-Eingabe und Übernahme und Erzeugung von Einreichkarten.

Die Technikerkarten ermöglichen spezielle Terminaltests und den Zugang zur Terminalsoftware, um zusätzliche Funktionen am Terminal durchführen zu können (etwa Datum und Uhrzeit ändern, Software-Update, Terminalparameter ändern, Testbenutzung mit einem Testkonto, Parameter-Abfrage inklusive Protokollspeicher und Transaktionsspeicher).

Zuletzt ist die Einreichkarte (Transaktionskarte) zu erwähnen, die für Geldbörsenterminals ohne DFÜ-Anschluß benötigt wird, um das elektronische Geld zur Bank zu bringen. Die Einreichkarte kann auch gemeinsam mit Bargeld, Schecks etc. in einer Geldbombe in den Nachttresor der Bank geworfen werden.

Die Durchführung der einzelnen Transaktionen ist in [ÖBA] nachzulesen.

Geplante Chipkarten-Anwendungen

Fremdkarten: Das System ermöglicht die Implementierung aller genannten Funktionen (Bankomat, POS, Quick) auf Fremdkarten.

Wertkarte mit mehreren Börsen: es besteht beispielsweise die Möglichkeit, auf der selben Karte eine Börse mit Schillingeinheiten, eine mit Bahnkilometern und eine weitere mit Telephoneinheiten unterzubringen.

Sicherheitsmerkmale

Ein Grundprinzip des Systems ist, daß für jede Funktion bzw. Transaktion ein eigener Schlüssel verwendet wird. Weiters werden Hauptschlüssel, sofern es möglich ist, nur auf Host-Seite geführt. Alle Hauptschlüssel haben doppelte Länge (128 Bit). Die daraus abgeleiteten Schlüssel besitzen normale 56 Bit Länge. Gelingt es einem potentiellen Angreifer, die Schlüssel einer Karte auszulesen (was sehr schwierig und nur mit Zerstörung der Karte möglich ist), kann er maximal ein Duplikat erzeugen. Die Erzeugung der elektronischen Unterschrift wird mit dem RSA-Algorithmus (asymmetrische Verschlüsselung) erzeugt. Bei allen anderen kryptographischen Operationen wird der DES-Algorithmus verwendet [EPA/APSS].

Öffentliche Informationen

Dieser Abschnitt beschreibt den Zugang zu Informationen über das Österreichische Chipkartenprojekt der EPA und der Österreichischen Banken nach den Erfahrungen des Autors dieser Seminararbeit. Im Anhang C sind die kontaktierten Organisationen und das von ihnen erhaltene Material aufgeführt.

Allgemeine Information der Bankkunden

Bei der Verteilung der neuen eurocheque-Karten mit Chip (ab Ende 1995) unterschreibt in den meisten Fällen vor Aushändigung der neuen Karte der Bankkunde am Schalter eine Empfangsbestätigung und erkennt damit die "Kundenrichtlinien für die Benützung der Geldausgabeautomaten im Rahmen des Bankomatservice" [Beilage] an. Vom rechtlichen Gesichtspunkt unterscheiden sich die neuen Chipkarten kaum von Bankomatkarten der "ersten Generation" (ohne Chip): Die Beweislast liegt weiterhin hauptsächlich beim Kunden. Das Bankomat- und PIN-Code-System ist sowohl technisch als auch rechtlich für den Laien eine relativ komplizierte und kaum durchschaubare Einrichtung, der Kunde hat keinerlei Einblick darin, was sich hinter den Bankomat- oder Terminal-Transaktionen verbirgt. Trotzdem "übernehmen die Kreditunternehmungen für allfällige Schäden im Zusammenhang mit Störungen bei einem Geldausgabeautomaten keine Haftung". Ebenso schlecht sieht es für den Kunden bei den Folgen von Verlust, mißbräuchlicher Verwendung und Fälschung der Karte aus. Den Kontoinhaber trifft auch bei Schäden, "die durch Manipulationen dritter Personen an zum Geldbezug oder zur Begleichung von Rechnungen errichteten Anlagen entstanden sind", nur dann keine Haftung, wenn er seine Unschuld nachweisen kann! Das ist allerdings aus den oben genannten Gründen (mangelnder Einblick in interne Abläufe) kaum möglich [Konsument].

Neben den erwähnten Kundenrichtlinien, die in der Praxis wohl nur von einem Teil der Bankkunden auch wirklich zur Gänze gelesen und verstanden werden, liegen in den meisten Geldinstituten Informations-Faltblätter auf, die ganz kurz die neue Möglichkeit der elektronischen Geldbörse ("Quick") erklären, wobei die weiteren Vorteile (Sicherheitsgewinn, Offline-Fähigkeit, Drittanwendungen) der neuen Kartengeneration und die Pflichten und Risiken für den Kartenbesitzer nicht erwähnt werden.

Informationen auf Anfrage

Die Erkundigungen über das Österreichische Chipkartensystem bei kleineren Bankfilialen (in Graz) ergaben kaum mehr Information als die Faltblatt-Broschüre. Die Bankangestellten verwiesen mich mehrfach an die Firma EPA/APSS in Wien. Ein großer Teil der von mir befragten Organisationen (siehe Anhang B und Anhang C) hat die Anfrage zwar rasch und freundlich beantwortet, die einzelnen Anfragepunkte wurden dabei jedoch nur in einem einzigen Fall (Creditanstalt) berücksichtigt. Von allen anderen um Informationsmaterial angesprochenen Organisationen wurden mir allgemeine Broschüren, Zeitschriftenartikel oder Prospekte von unterschiedlichem Informationswert zugesandt.

Vor allem zu den Punkten

wurden mir keine oder nur sehr allgemeine Informationen zugänglich gemacht.

Andere europäische Systeme

"Intersector electronic purse schemes (IEPs)" - also etwa sektorübergreifende Projekte für die elektronische Geldbörse - werden die in den letzten Jahren in verschiedenen europäischen Ländern begonnenen Bestrebungen genannt, den konventionellen Bargeldverkehr mit modernen technischen Mitteln zu verändern [Frontier].

Danmont (Dänemark) ist dabei mit einem Startdatum von 1992 das System mit der bisher längsten Laufzeit, Finnland, Österreich, Portugal und Spanien haben ihre Einführung um 1994 begonnen. Belgien, die Niederlande und Mondex (Großbritannien) folgen derzeit mit einem von der Europäischen Kommission initiierten Projekt (CAFE). Deutschland, Italien, Norwegen und die Schweiz haben weit fortgeschrittene IEP-Studien laufen, nur Frankreich und Schweden sind die einzigen großen europäischen Länder, die bislang noch keine Schritte unternommen haben. Eine Übersicht findet sich in Anhang A.

Noch 1996 will Europay International mit dem grenzüberschreitenden "Express" beginnen, die unterschiedlichen nationalen Systeme zur Zusammenarbeit zu bringen. Europa ist schon jetzt - sogar von amerikanischen Experten anerkannt - auf diesem Gebiet in einer weltweiten Führungsposition.

Quellen

Literatur

Arbeitskreis 4, Alpbacher Technologiegespräche 1995. ORF-Publikation

Der große Brockhaus, Kompaktausgabe, F.A. Brockhaus 1984

EPA/APSS: Europay Austria, PayChip Projektbeschreibung, 5/1995

The last Frontier, European Card Review, January/February 1995

Alles auf eine Karte. In: Konsument 11/95, S. 4-8.

ÖBA: E. Judt, E. Gruber, Automatisierte Zahlungskarten-Abwicklung am Point of Sale, Österreichisches Bank-Archiv 5/95, S. 353 ff

Piller 1: Ernst Piller, Bankkarten in Österreich nur noch mit Chip, Card Forum 1/95, S. 10-18

Piller 2: Ernst Piller, ec-Karte mit Chip, ASA News 11/95

Bruce Schneier, Applied Cryptography, Wiley, 1994

Siemens 1: Siemens AG Österreich, Chipkarten Newsletter 10/95, S. 12 f

Siemens 2: Siemens AG Österreich, Chipkarten-Terminals, Produktinformation

Bodo Sienkiewicz, Computer-Sicherheit, Addison-Wesley 1994

WWW-Adressen

Cyberpunks Homepage http://cyberpunk.atlanta.com/

Roy Davies, Electronic Money & Money in History http://www.ex.ac.uk/~RDavies/arian/money.html

Firma DigiCash Homepage http://www.digicash.nl/

Christian Hawel, Elektron. Geld http://www.iaik.tu-graz.ac.at/LEHRE/SEMINAR_SS95/hawel/ref8.html

Steven Levy, E-Money. Wired 2.12 http://www.hotwired.com/wired/2.12/features/emoney.html

Pointers to Cryptographic Software http://www.cs.hut.fi/ssh/crypto/software.html#stego

Smart Cards, Credit Cards, Internet Security http://www.dice.ucl.ac.be/~dhem/card.html

Internet Newsgroups

alt.security

alt.technology.smartcards

at.fido.sicherheit

comp.security.announce

comp.security.misc

de.comp.security

de.soc.datenschutz

sci.crypt

sci.crypt.research

talk.politics.crypto

Anhang A: Elektronische Geldbörse: Europäische Projekte

LandBetreiberName des Systems Hardware (Hersteller/Chip-bezeichung) Status
BelgienBanksys ProtonCP8 / CC60 Phase I Leuven und Wavre seit 2/95
CWICAFE Phase I des EU Projekt, Berlaymont
DänemarkPBS / KTAS DanmontSiemens, Gemplus / SLE4404, GPM416 5v in Betrieb seit 4. Quartal 1992
DeutschlandZKR MFCin Betrieb für Telefone
FinnlandToimiraha AvantMotorola / MC68HC05 SC21 Pilotprojekt seit 1993. Für Busse und Telefone seit 1. Quartal 1995
GroßbritannienMondex UK MondexHitatchi / H8/310 Pilotprojekt Swindon seit 3. Quartal 1995
ItalienABI Studie
SSB Studie
NiederlandeInterpay Chipkaart-beurs in Betrieb seit 1995, tlw. von Banksys übernommen
NorwegenBankaxept Studie
ÖsterreichAPSS QuickPhase I seit 4. Quartal 1994
PortugalSIBSMEP SC24, PCOS / GemplusPilotprojekt Caixa Geral HQ, Universitäten, 11/94
SchweizTelekurs Studie
Spanien4BMonedes Studie
SEMPTIBC SEMP OSPilotprojekt Universität Barcelona seit 10/94

Anhang B: Anfrage-Brief



Georg Mittenecker

...

An

....

Betrifft: Informationsmaterial zu eurocheque-Karten mit Chip

Graz, am ......1995

Sehr geehrte Damen und Herren,

da ich als Student eine Seminararbeit über verschiedene Aspekte von "Elektronischem Geld" verfassen soll, bitte ich Sie um Zusendung von Informationsmaterialien zu den gerade ausgegebenen eurocheque-Karten mit Chip. Dabei sind vor allem folgende Punkte für mich wichtig:

Falls Sie mir zu einigen Punkten Informationsmaterial zu Verfügung stellen könnten, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Ich komme natürlich für Unkosten wie Versand und Kopie gerne auf (bitte um Rücksprache!).

Mit freundlichen Grüßen und vielem Dank im Voraus

Anhang C: Informationsmaterial - Österreichische ec-Karten

EmpfängerTelefon / Fax Art der AnfrageRetour
APSS, Hintere Zollamtsstr. 17, 1030 Wien 0222-717 73-0

Fax: 0222-713 10 59

Fax gesendet, 29.11.95 6.12.95 Brief, 2 Broschüren, ASA News 9/95, PayChip Projektbeschreibung
Austria Card, Lamezanstr. 4-8, 1232 Wien 0222-61 065(-103)Brief gesendet, 29.11.95
Bank Austria, Am Hof 2, 1010 Wien0222-71191-0 Fax gesendet, 13.12.95Rückruf: langes Telefonat mit Hr. Neuwald (0222-71191-6009, Marketing) 14.12.95
Nationalbank WienFax gesendet 13.12.95 Brief + Artikel ÖBA, 12.1.96
CA Schotteng. 6-8, 1010 WienZahlungsverkehrs-entwicklung,

Fax: 31333-8095

Fax gesendet 14.12.95 (3. Versuch)28.12. detailliertes Antwortschreiben, Europ. Card Review 1/95, Piller: Pilotprojekt Banken
Die Erste, Hoher Markt 8/4, 1010 WienFax: 0222-5355779 Fax gesendet: 13.12.95Antwort-Brief 19.12.: "Schreiben an Europay Austria weitergeleitet".
P.S.K. Postsparkasse, WienFax: 51400-1743 Fax gesendet: 14.12.95Brief 20.12., Kunden-information + -richtlinien, Muster-Händlerliste
RZB, Am Stadtpark 9, 1030 Wien0222-71707 nicht erreicht
Verein f. Konsumen-teninformation, Mariahilferstr. 81, 1060 Wien 0222-5878686-0Telefonat 14.12.95 Nur auf Zeitschrift Konsument 11/95 verwiesen.
ORF Help-Redaktion0222-87878-8500 (-8600) Telefonat 14.12.95Verweis auf AK
AK Graz986-0Telefonat 14.12.95 Konsument-Artikel (Kopie, 19.12.)
ARGE Daten, Sauterg. 20, 1170 WienFax: 0222-489 78 93-10 Fax gesendet 13.12.95
CA Griesplatz, Graz persönlichMini-Broschüre, Verweis auf APSS Wien
Raika - EDV4002-7426 Telefonat Anfang 1.12.95"Schicke Unterlagen" - nie gekommen
Raika Graz-Mariatrost persönlich, ec-Karte abgeholt 14.12.95 Gespräch mit Beamtin, Vertrag, Info-Blatt
Siemens AG Österreich0222-71711-0*

0222-1707 37352 Hr. Ernest Neubauer

0222-1707-35080 Hr. Wolfgang Radlwimer

Telefonate am 9.1. (ewige Vermittlung), 10.1. und 11.1.96 (Grippewelle..) Fax, 11.1., Eilbrief 12.1.95, mit Chipkarten-Newletter und Terminal-Prospekten

Anhang D: Personenregister

Jim Bidzos: RSA Data Security Inc.

Dave Birch, Hyperion - Mondex

Ernie Brickell: Sandia cryptography

Coleta Brueck: US Internal Revenue Service

Jean-Pierre Camelot: Cartes Bancaires France

David Chaum: Gründer DigiCash

Scott Cook: Microsoft electronic commerce

Steve Crocker: Trusted Information Systems Inc.

Kawika Daguio: American Bankers Association

Whitfield Diffie: Sun, Erfinder "public key cryptography"

Anette Falberg: Danmont

Niels Ferguson: DigiCash

Edith Gruber: Europay Austria

Peter Jones: Payment Systems Europe

Ewald Judt: Europay Austria

Dan Lynch: Interop Co.

Bill Melton: CyberCash, Verifone system

Nathan Myhrvold: Microsoft

Michael Nash: Visa

Richard Phillimore: Europay - Chipdevelopment

Ernst Piller: Austria Card

Sholom Rosen: Citibank

Felipe dos Santos: Sociedade Interbancaria de Servicos (Sibs)

Bruce Schneier: Counterpane Systems

Jose-Maria Perez Soria: Sociedad Espanola de Medios de Pago (Semp)

Claudio Venturi: Servizi Interbancari

Gerald Weiss: Raiffeisen Zentralbank

Bruce Wilson: CyberCash

Armand Winkens: Banksys

Peter Wolfart: GZS Deutschland

Christine Woillez: Visa

Steve Worthington: Staffordshire University Business School